Die 100 Tage Linie und die 200 Tage Linie werden beide dazu verwendet, um langfristige Trendbewegungen abzubilden. Kreuzen sich die beiden Linien, gilt dies als Zeichen für einen Trendwechsel. In diesem Artikel ermitteln wir zum einen, an welchem Punkt sich die beiden Linien kreuzen. Zum anderen prüfen wir, wie sich eine Strategie entwickelt hätte, bei der nach dem Kreuzen der Linien eine neue Position eröffnet oder geschlossen wird.
Inhalt
Was bedeutet es, wenn sich die Linien kreuzen?
An welchem Punkt kreuzen sich 100 Tage Linie und 200 Tage Linie?
Anlagestrategien mit zwei kreuzenden Tages Linien
Performance der Anlagestrategie in DAX und Dow Jones
Fazit
Was bedeutet es, wenn sich die beiden Linien kreuzen?
Der 200 Tage Durchschnitt und der 100 Tage Durchschnitt zeigen beide den Verlauf eines gleitenden Durchschnittes. Bei der 200 Tage Linie wird der Durchschnitt mit Hilfe der Schlusskurse der letzten 200 Tage berechnet. Bei der Berechnung der 100 Tage Linie werden die Kurse der letzten 100 Tage berücksichtigt.
Ein Kreuzen der beiden Linien wird als ein Signal für einen Trendwechsel gewertet. Schneidet die 100 Tage Linie die 200 Tage Linie von oben nach unten, so gilt dies als ein Signal für fallende Kurse. Kreuzt die 100 Tage Linie die 200 Tage Linie hingegen von unten nach oben, deutet das auf steigende Kurse hin.
Zur Verdeutlichung sehen wir uns den untenstehenden Chart an. Der Chart zeigt den Kursverlauf einer Aktie. Die blaue Linie im Chart ist die 200 Tage Linie. Die weiße Linie ist die 100 Tage Linie.
In dem Chart gab es mehrere Kreuzungspunkte. Beim ersten Pfeil kreuzt die weiße 100 Tage Linie die blaue 200 Tage Linie von unten nach oben und deutet dadurch einen Aufwärtstrend an. Beim zweiten Pfeil fällt die 100 Tage Linie wieder unter die 200 Tage Linie und erzeugt dadurch ein Verkaufssignal.
An welchem Punkt kreuzen sich 100 Tage Linie und 200 Tage Linie?
Im Folgenden wollen wir untersuchen, an welchem Punkt im Chart die 100 Tage Linie die 200 Tag Linie kreuzt.
Bei einem Kaufsignal sollten sich die beiden Linien möglichst nah am vorherigen Tiefstpunkt kreuzen. Ein Trader, der nach diesem Signal handelt, könnte in diesem Fall relativ früh und relativ günstig in einen neuen Trend einsteigen. Gleichzeitig sollte das folgende Hoch möglichst weit vom Einstiegspunkt entfernt liegen.
Bei einem Verkaufssignal wiederum sollte der Kreuzungspunkt möglichst nah am vorherigen Hoch liegen und möglichst weit vom folgenden Tief entfernt sein.
Definition: Was sind Kreuzungspunkt, Hochpunkt und Tiefpunkt?
Zuerst muss festgelegt werden, wie Höchstpunkt und Tiefpunkt definiert sind. Dazu betrachten wir den unten stehenden Chart.
Der Chart oben zeigt auf, wie die Höchstpunkte und Tiefpunkte vor dem Kreuzungspunkt gemessen werden.
Untersucht werden soll das Signal bei Punkt 2. Die 100 Tage Linie kreuzt die 200 Tage Linie von oben nach unten, es handelt sich also um ein Verkaufssignal.
Vor dem Signal haben sich die beiden Linien schon im Punkt 1 gekreuzt. Der höchste Punkt zwischen den beiden Kreuzungspunkten ist durch den grünen Pfeil markiert.
Als nächstes wird der Tiefpunkt festgelegt. Der Tiefpunkt ist der tiefste Punkt zwischen Punkt 2 und dem folgenden Kreuzungspunkt bei Punkt 3. In unserem Beispiel ist der Tiefstpunkt mit dem roten Pfeil markiert.
In unserem Beispiel liegen die drei Kreuzungspunkte relativ nah beieinander. In der Realität lagen zwischen den drei Punkten aber in einigen Fällen mehrere Jahre.
Das Beispiel zeigt schon eines der größten Probleme von Handelssignalen, die durch das Kreuzen dieser beiden Durchschnittslinien entstehen. Sowohl die 100 Tage Linie als auch die 200 Tage Linie reagieren beide relativ langsam auf Kursänderungen. Gerade zu Beginn von Abwärtsbewegungen kommt es aber häufig zu starken und heftigen Kurseinbrüchen. Auf diese plötzlichen Einbrüche reagieren die beiden Linien nur mit deutlicher Verzögerung. In unserem Chart ist zum Beispiel deutlich zu sehen, dass die 100 Tage Linie die 200 Tage Linie zu einem Zeitpunkt kreuzt, an dem der Kurs schon deutlich an Wert verloren hatte.
Wie weit war der Kreuzungspunkt vom vorherigen Hoch entfernt?
Dies zeigt sich auch im folgenden Diagramm. Das Diagramm zeigt alle Kreuzungspunkte, die im DAX in den letzten 10 Jahren zu beobachten waren. Die blauen und weißen Balken zeigen den Abstand zwischen dem jeweiligen Kreuzungspunkt und den Höchstpunkten und Tiefstpunkten in Prozent an. Der blaue Balken zeigt immer den Abstand zum Extrempunkt vor dem Kreuzungspunkt . Dabei ist es egal, ob es sich bei diesem Punkt um einen Höchstpunkt oder Tiefpunkt handelte. Der weiße Balken zeigt den Abstand zu dem Extrempunkt, der auf den Kreuzungspunkt folgt.
Hat die 100 Tage Linie also die 200 Tage Linie von unten nach oben gekreuzt, so zeigt der blaue Balken den Abstand zum letzten Tief an, während der weiße Balken den Abstand zum folgenden Höchstkurs anzeigt. Hat die 100 Tage Linie hingegen die andere Linie von oben nach unten geschnitten, so zeigt der blaue Balken das letzte Hoch und der weiße Balken das nächste Tief an.
Im Diagramm ist zu sehen, dass sich der Kurs teilweise schon deutlich von seinem vorherigen Hoch/ Tief entfernt hatte, bevor sich die beiden Linien kreuzten und ein Handelssignal erzeugten. Im Durchschnitt bewegte sich der Kurs des DAX um mehr als 19,8 Prozent von seinem früheren Extrempunkt weg, bevor ein Signal ausgelöst wurde.
Die durchschnittliche Entfernung vom Kreuzungspunkt zum folgenden Tief / Hoch betrug 17,3 Prozent und war damit sogar etwas kleiner.
Der Kreuzungspunkt von 100 Tage Linie und 200 Tage Linie lag also nicht am Anfang einer Bewegung, sondern befand sich eher in der Mitte einer Trendbewegung.
Anlagestrategien mit zwei kreuzenden Tages Linien
Als nächstes sollen Anlagestrategien getestet werden, die immer dann eine Position eröffnen oder schließen, wenn die 100 Tage Linie die 200 Tage Linie kreuzt.
Bei der reinen Long Strategie wird eine Position eröffnet, wenn die 100 Tage Linie die 200 Tage Linie von unten nach oben schneidet. Die Position wird wieder geschlossen, wenn die 100 Tage Linie unter die 200 Tage Linie fällt.
Bei der gemischten Long und Short Strategie kann auch auf fallende Kurse gesetzt werden. Daher wird zusätzlich zum Schließen der bestehenden Long Position ein Leerverkauf getätigt, sobald die 100 Tage Linie unter die 200 Tage Linie fällt. Diese Short Position wird wiederum geschlossen, wenn die 100 Tage Linie erneut über die 200 Tage Linie klettert. Daraus resultierend ist also die gemischte Strategie die gesamte Zeit über im Markt investiert, während die reine Long Strategie nach einem Abwärtssignal aussetzt.
Die beiden Strategien sollen mit zwei verschiedenen gleitenden Durchschnitten getestet werden. Der einfache gleitende Durchschnitt (SMA) und der exponentiell gleitende Durchschnitt (EMA) sind die beiden am häufigsten in der technischen Analyse verwendeten Durchschnitte. Deshalb sollen auch unsere beiden Strategien mit diesen beiden Durchschnitten getestet werden.
Einfacher gleitender Durchschnitt (SMA)
Zur Berechnung des einfachen gleitenden Durchschnitts [oder Simple Moving Average (SMA)] wird eine vorher festgelegte Zahl von Schlusskursen zusammengerechnet und dann durch die Anzahl der Schlusskurse geteilt. Um den 100 Tage Durchschnitt zu berechnen, werden also zuerst die Schlusskurse der letzten 100 Tage zusammengerechnet und dann durch die Zahl 100, die Anzahl der Schlusskurse, geteilt. Der Durchschnitt wird für jeden Tag neu berechnet. Werden die einzelnen Durchschnitte danach in einen Chart eingezeichnet und miteinander verbunden, entsteht die 100 Tage Linie.
Exponentiell gleitender Durchschnitt (EMA)
Zur Berechnung des exponentiell gleitenden Durchschnitts [oder Exponential Moving Average (EMA)] werden der aktuelle Schlusskurs und der EMA des Vortages benötigt. Aufgrund der Art seiner Berechnung reagiert der EMA normalerweise etwas schneller auf Kursänderungen als der SMA.
Performance der Anlagestrategie in DAX und Dow Jones
Getestet werden sollen die Strategien im DAX und im Dow Jones Index. Der Betrachtungszeitraum beträgt in beiden Fällen 20 Jahre (Anfang 2002 bis Ende 2021).
DAX
Als Erstes sehen wir uns an, wie sich die Strategien im DAX entwickelt haben. Im Chart unten zeigen die beiden roten Linien die zwei EMA Strategien, beide denen die 100 Tage Linie und die 200 Tage Linie mit Hilfe des exponentiell gleitenden Durchschnitts berechnet wurden. Die hellrote Linie zeigt den Verlauf der reinen Long Strategie, die dunkelrote Linie zeigt die Performance der Long und Short Strategie. Der Verlauf der blauen Linien zeigt die Entwicklung der SMA Strategien. Auch hier zeigt die hellere Linie die Long Strategie und die dunkelblaue Linie die gemischte Long und Short Strategie. Die weiße Linie zeigt, wie sich ein durchgängiges Investment in den DAX entwickelt hätte (Buy and Hold Strategie).
Beim Betrachten des Charts erkennt man eine deutliche Zweiteilung. In den ersten Jahren konnten sich die vier Strategien mit den gleitenden Durchschnitten allesamt besser entwickeln als der DAX. Der DAX musste im ersten Jahr und im Jahr 2008 deutliche Kursverluste hinnehmen. Die vier Strategien konnten sich in diesen Jahren hingegen deutlich besser entwickeln. Die beste Performance in diesem Zeitraum erzielte die Long und Short Strategie, die den EMA verwendete.
In den folgenden Jahren änderte sich dann aber das Bild. Die beiden gemischten Long und Short Strategie verloren beide deutlich an Wert, während die reinen Long Strategien nur noch geringe Zuwächse verzeichnen konnte. In dieser Zeit kam es häufig zu stärkeren Kursschwankungen, bei denen die 100 Tage Linie die 200 Tage Linie nur kurzfristig kreuzte und dadurch viele Fehlsignale auslöste. Der DAX konnte sich hingegen in dieser Zeit deutlich besser entwickeln, so dass das direkte Investment in den Dax am Ende die Strategien mit den gleitenden Durchschnitten schlug.
Das schlechteste Ergebnis musste dabei die gemischte SMA Strategie verzeichnen. Hier stand am Ende ein Verlust von 2225€ zu Buche.
Dow Jones
Als Nächstes betrachten wir, wie sich die Strategien mit der 200 Tage Linie und der 100 Tage Linie im Dow Jones geschlagen haben.
Im Chart zeigt sich ein ähnliches Bild wie beim DAX. Auch hier konnte mit einem einfachen Investment in den Dow Jones ein besseres Ergebnis erzielt werden als mit einem Investment in einer der vier Strategien. Genau wie beim DAX schnitten auch hier die reinen Long Strategien besser ab als die gemischten Long und Short Strategien. Auffällig ist hier, das beim Dow Jones die EMA Strategien erfolgreicher waren als die SMA Strategien, während es im DAX genau umgekehrt war.
Fazit
Die meisten der getesteten Strategien konnten sich in den vergangenen Jahren positiv entwickeln. Allerdings konnte keine der Strategien ein einfaches Investment in den Index schlagen.
Es zeigt sich deutlich, dass sich die Strategien in bestimmten Marktbedingungen deutlich besser entwickeln als in anderen. Gibt es lange ununterbrochene Trends, entwickeln sich die Strategien mit den kreuzenden Durchschnitten ausgesprochen gut. Kommt es hingegen immer wieder zu stärkeren Gegenbewegungen oder gar ausgeprägten Seitwärtstrends, kommt es vermehr zu kostspieligen Fehlsignalen.
Ein Problem von allen Handelssystemen mit gleitenden Durchschnitten ist, dass sie nicht rechtzeitig auf starke plötzliche Kurseinbrüche reagieren können. Im Gegensatz dazu haben Trendfolgesysteme die Trendkanäle nutzen in gewisser Weise eingebaute Stoppkurse und erleiden daher deutlich weniger Kursverluste bei abrupten Kursänderungen.
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