In einem Point and Figure Chart werden Kursbewegungen notiert, indem Kreuze oder Kreise in übereinanderliegende Kästchen eingezeichnet werden. Dabei wird ein X eingezeichnet, wenn der Kurs um eine Einheit steigt. Ein O wird eingezeichnet, wenn der Kurs um eine Einheit gefallen ist. Ein X oder O steht dabei jeweils für die Bewegung um eine genau festgelegte Einheit. Beispielsweise könnte jedes Mal, wenn der Kurs um einen Prozentpunkt steigt, ein neues X in den Chart eingetragen werden. Ändert sich die Richtung der Bewegung, wird eine neue Spalte eingezeichnet.
Kategorie | Charttypen
Inhalt
Aufbau des Point und Figure Charts
Was zeigen die einzelnen Kästchen an?
Wann wird ein neues Kästchen eingezeichnet?
Wann darf eine neue Spalte eingezeichnet werden?
Drei unterschiedliche Berechnungsmethoden
Berechnung des Point und Figure Charts anhand eines Beispiels
Wie groß sollten die einzelnen Einheiten sein?
Weitere Markierungen im Chart
Aufbau des Point und Figure Charts
Point und Figure Charts waren mit die ersten Charts, die in Europa und Amerika zum Darstellen von Börsenkursen genutzt wurden und befanden sich schon im Gebrauch, bevor Liniencharts und Kerzencharts im Westen bekannt wurden.
Zu dieser Zeit hatten Händler an der Börse lediglich die Tickernotierungen der Börsenkurse zur Verfügung, um sich ein Bild vom Börsengeschehen zu machen. Um Kursbewegungen besser visualisieren zu können, wurden daher die Point und Figure Charts entwickelt. Die ersten Point und Figure Charts wurden per Hand auf kariertem Papier eingetragen. Daher nutzen auch heute noch viele Point und Figure Charts Kästchen, in die die Xs und Os eingetragen werden.
Oben sehen Sie den typischen Aufbau eines Point und Figure Charts. In jedes der Kästchen des Charts kann entweder ein X oder ein O eingezeichnet werden..
- Wenn in dem darunterliegenden Kästchen ein X eingetragen ist und der Kurs um eine Einheit steigt, wird in das Kästchen oberhalb des vorherigen Kästchens ein neues X eingetragen.
- Ein O hingegen darf nur eingezeichnet werden, wenn sich in dem darüberliegenden Kasten ebenfalls ein O befand und der Kurs um eine Einheit gefallen ist.
In einer Spalte kann es daher entweder nur Xs oder nur Os geben. Bei einem Trendwechsel wird rechts von der bisherigen Spalte eine neue Spalte angefangen, in die die Gegensignale eingetragen werden können.
In einen Point und Figure Chart werden nur dann neue Werte eingetragen, wenn sich der Kurs um mindestens eine Einheit bewegt. Kam es beispielsweise in einem Tageschart an einem Tag nicht zu einer Bewegung um eine Einheit, wird an diesem Tag auch nichts in den Chart eingetragen. Das unterscheidet den Point und Figure Chart von den bekannteren Linien– oder Kerzencharts, bei denen an jedem Tag ein neuer Wert eingetragen werden muss.
Was zeigen die einzelnen Kästchen an?
Jedes Kästchen steht für die Bewegung um eine festgelegte Einheit. Wie groß diese Einheit sein soll, muss der Trader festlegen, bevor er den Point und Figure Chart zeichnet. Dabei hat er drei Auswahlmöglichkeiten:
- Ein Kästchen kann für die Veränderung um eine Mengeneinheit stehen. Bei einer Aktie könnte ein Kasten zum Beispiel für den Anstieg oder Fall um einen Euro stehen. Bei Indizes wird die Bewegung zumeist in Punkten angegeben.
- Ein Kasten kann den Anstieg oder Fall des Kurses um einen Prozentwert anzeigen. Beispielsweise kann bei einer Aktie immer dann ein neuer Kasten ausgefüllt werden, wenn der Kurs um ein Prozent steigt oder fällt.
- Der Kasten zeigt an, dass sich der Kurs um den aktuellen Wert der Average True Range in eine Richtung bewegt hat.
Wann wird ein neues Kästchen eingezeichnet?
Solange sich der Kurs in die Richtung des vorherigen Kästchens bewegt, wird immer dann ein neuer Kasten ausgefüllt, wenn sich der Kurs um eine weitere Einheit bewegt.
- War im vorherigen Kasten ein X eingetragen, so wird im nächsthöheren Kasten ein neues X eingezeichnet, sobald der Kurs um eine Einheit steigt.
- War hingegen im vorherigen Kasten ein O eingezeichnet, so wird ein neues O eingezeichnet, wenn der Kurs um eine Einheit tiefer schließt.
Dabei wird immer dann ein neuer Kasten ausgefüllt, wenn der Kurs eine bestimmte Kursschwelle übersteigt (X) oder unter eine Kursschwelle fällt (O).
Beispiel
Nehmen wir an, dass ein Kasten für eine Einheit von einem Euro steht. Aktuell befinden wir uns in einer Aufwärtsbewegung. Der höchste ausgefüllte Kasten im Point and Figure Chart ist der 102€ Kasten.
Ein neues X in den darüberliegenden 103€ Kasten wird eingezeichnet, wenn der Kurs über 103€ steigt. In diesem Fall hat der neue Kasten also einen Wertebereich zwischen 103,00€ und 103,99€. Steigt der Kurs über 104€, wird ein weiterer Kasten ausgefüllt.
Ein anderes Bild haben wir, wenn der Kurs fällt. Nehmen wir an, in die Kästen 105 und 104 wäre ein O eingezeichnet. Ein O in den Kasten bei 103€ wird nun eingezeichnet, wenn der Kurs unter 103€ fällt. Hier hat der 103€ Kasten also einen Wertebereich zwischen 103,00€ und 102,01€.
Wann darf eine neue Spalte eingezeichnet werden?
Ein Spaltenwechsel wird eingezeichnet, wenn sich die Richtung der Bewegung ändert. Wenn der Kurs vorher gefallen ist und deshalb in die aktuelle Spalte Os eingezeichnet wurden, wird eine neue Spalte eröffnet, wenn der Kurs um einen bestimmten Wert steigt. In diese neue Spalte werden dann ausschließlich Xs eingetragen. Bei einem erneuten Trendwechsel, wird erneut eine neue Spalte aufgemacht, in die dann wieder ausschließlich Os eingezeichnet werden.
Damit eine neue Spalte angefangen werden kann, muss sich der Kurs um eine vorher festgelegte Anzahl von Einheiten in die Gegenrichtung bewegen. Diese Anzahl von Einheiten wird auch als Reversal Amount bezeichnet.
Die Anzahl der Einheiten, die für einen Spaltenwechsel benötigt werden, muss vom Trader festgelegt werden. Bei vielen Chartprogrammen ist eine Anzahl von drei Einheiten als Standardeinstellung festgelegt. In diesem Fall muss sich der Kurs also um drei Einheiten in die Gegenrichtung bewegen, bevor im Point und Figure Chart eine neue Spalte eingetragen werden kann. Ein Spaltenwechsel wird also immer dann durchgeführt, wenn gleichzeitig drei Kästchen in der neuen Spalte ausgefüllt werden können.
Beispiel:
In unserem Beispiel hat jeder Kasten eine Größe von 1€. Ein Spaltenwechsel erfolgt, nachdem sich der Kurs um drei Einheiten in die Gegenrichtung bewegt hat.
Wir nehmen an, dass der höchste Kurs der ersten Spalte bei 103,30€ lag. Der höchste Kasten der ersten Spalte ist daher der 103€ Kasten.
Damit eine neue Spalte begonnen werden kann, muss der Kurs in den 100€ Kasten fallen (103€ – 3 x 1€). Der 100€ Kasten ist erreicht, sobald der Kurs unter 100€ fällt.
Sobald der Kurs unter 100€ gefallen ist, werden direkt drei aufeinanderfolgende Kreise eingezeichnet. Der erste Kreis im 102€ Kasten, der nächste im 101€ Kasten der letzte im 100€ Kasten.
Für einen erneuten Spaltenwechsel müsste der Kurs wieder über 103€ steigen. In diesem Fall müsste je ein X in den 101€, 102€ und 103€ Kasten eingezeichnet werden.
Drei unterschiedliche Berechnungsmethoden
Zu Berechnung der Point und Figure Charts gibt es drei verschiedene Berechnungsmethoden.
Variante 1.
Ein neuer Kasten wird eingezeichnet, sobald sich der Kurs um eine Einheit bewegt. Diese Variante wird meistens im Intraday Handel eingesetzt, wo der Kurs kontinuierlich beobachtet wird.
Für diese Variante benötigt man viele Kursdaten, die oftmals für weiter zurückliegende Tage nur schwer zu erhalten sind. Möchte man zum Beispiel einen Point und Figure Chart für die letzten 20 Jahre erstellen, hat man meistens nur die Daten für Eröffnungskurs, Schlusskurs, Höchstkurs und Tiefstkurs zur Verfügung.
Die folgenden beiden Varianten betrachten daher den Kurs nach bestimmten Intervallen, in den meisten Fällen nach Ablauf eines Tages, und berechnen aus diesen Werten den Point und Figure Chart.
Variante 2. Close Methode
Es wird ausschließlich der Schlusskurs zur Berechnung des Point und Figure Charts genutzt. Dies ist mit Sicherheit die simpelste der drei Varianten. Wird der Point and Figure Chart auf Tagesbasis berechnet, wird für jeden Handelstag der Schlusskurs ermittelt. Liegt der Schlusskurs um eine Einheit unter oder über der vorherigen Einheit, wird ein neuer Kasten ausgefüllt. Bei dieser Varianten, wie auch bei der folgenden Variante, ist es möglich, dass mehrere Kästen gleichzeitig eingezeichnet werden, wenn der Kurs an einem Tag um mehre Einheiten gestiegen oder gefallen ist.
Variante 3. High Low Methode
Die dritte Methode betrachtet nicht den Schlusskurs, sondern den Höchstkurs und den Tiefstkurs. Um festzustellen, ob und wo ein neuer Kasten ausgefüllt werden muss, wird nach folgenden Regeln vorgegangen.
Wenn der letzte Kasten mit einem X gefüllt ist, gelten folgende Regeln:
- Wenn der Kurs im Handelsverlauf ein Hoch erreicht hat, das um mindestens eine Einheit über dem aktuellen Kasten liegt, wird ein neues X eingetragen. In diesem Falle wird nie eine neue Spalte mit O begonnen, auch dann nicht wenn der Kurs im Handelsverlauf um die benötigten Einheiten gefallen ist. (Diese Regel kann im Extremfall dazu führen, dass im Point und Figure Chart ein X eingezeichnet wird, obwohl der Kurs an diesem Tag gefallen ist.)
- Falls kein neues X eingezeichnet werden kann, aber der Kurs um die benötigte Anzahl Einheiten gefallen ist, wird eine neue Spalte angefangen.
- Wenn keines der beiden Kriterien erfüllt ist, bleibt der Point und Figure Chart unberührt. Es wird also nicht an jedem Tag eine neuer Wert eingetragen.
Wenn der letzte Kasten mit einem O gefüllt ist, gelten natürlich dieselben Regeln. Zuerst wird überprüft, ob ein neues O eingezeichnet werden kann. Ist dies nicht möglich, wird geprüft, ob sich der Kurs um drei Einheiten nach oben bewegt hat. Wenn auch dies nicht erfüllt ist, wird kein neuer Kasten ausgefüllt.
Beispiel : Berechnung des Point und Figure Charts
Das folgende Beispiel zeigt, wie ein Point und Figure Chart nach der High Low Methode (Variante 3.) berechnet wird. Die Kästen haben auch in diesem Beispiel eine Einheitsgröße von einem Euro. Ein Spaltenwechsel wird vorgenommen, wenn sich der Kurs um drei Einheiten in die Gegenrichtung bewegt hat.
Vorbewegung
Der erste Chart zeigt den Point und Figure Chart vor dem ersten Betrachtungstag. In der letzten Spalte sind vier X eingetragen, wir befinden uns also in einer Aufwärtsbewegung.
Wir arbeiten nun für jeden folgenden Tag die Regeln der High Low Methode Punkt für Punkt ab.
Tag 1. Hoch 103,30€ | Tief 100,70€
Da im vorherigen Kasten ein X eingezeichnet war, prüfen wir zuerst, ob ein neues X eingezeichnet werden kann. Wir stellen fest, dass der Kurs im Handelsverlauf über 103€ gestiegen ist, folglich kann ein neues X eingetragen werden.
Die Tatsache, dass der Kurs im Handelsverlauf auch um eine Einheit gefallen ist, wird im Point und Figure Chart nicht berücksichtigt.
Tag 2. Hoch 101,80€ | Tief 100,40€
Am nächsten Tag kann kein neues Hoch eingezeichnet werden, da der Kurs nie über 104 € notiert hat.
Nun wird geprüft, ob der Kurs mindestens drei Einheiten unter dem letzten Kasten notiert hat. In diesem Fall müsste der Tiefstkurs also unterhalb von 100€ notieren.
Da auch dies nie eingetreten ist, wird keine neue Kerze eingezeichnet.
Tag 3. Hoch 101,30€ | Tief 99,80€
Auch an diesem Tag notiert der Kurs nie über 104€.
Allerdings ist der Kurs im Handelsverlauf unter 100€ gefallen.
Daher wird nun eine neue Spalte eingefügt, in die drei neue Kreise eingezeichnet werden.
Tag 4. Hoch 101,00€ | Tief 98,70€
Ab jetzt muss zuerst geprüft werden, ob ein neues O eingezeichnet werden kann.
Der Kurs ist unter 99€ gefallen, daher wird das 99€ Kästchen ausgefüllt.
Tag 5. Hoch 102,8€ | Tief 98,50€
Der Kurs ist nicht unter 98€ gefallen, deshalb kann kein neues O eingezeichnet werden.
Als Zweites wird geprüft, ob der Kurs um drei Einheiten über dem letzten Kasten notiert hat. Dazu müsste der Kurs ein Hoch über 102€ (99€ + 3×1€) erreicht haben.
Da der Kurs über 102€ notiert hat, wird eine neue Spalte eröffnet und es werden drei neue X eingetragen.
Wie groß sollten die einzelnen Einheiten sein?
Wie häufig ein neues Kästchen ausgefüllt wird, ist stark von der Größe der Einheiten abhängig.
- Je größer der Wert einer Einheit, desto seltener wird ein neuer Kasten erreicht.
- Je kleiner der Wert der Einheit, desto mehr Kästen werden eingezeichnet. Ebenso kommt es auch häufiger zu einem Spaltenwechsel.
Die Größe der Einheiten kann vom Trader selbst gewählt werden. Hierbei sollte die Größe an den betrachteten Wert und den betrachteten Zeitraum angepasst werden.
Wenn als Kästchengröße eine Geldeinheit gewählt wurde, sollte diese auf die Höhe des Kurswertes des betrachteten Wertes abgestimmt werden. Eine Aktie mit einem Wert von 10€ braucht zum Beispiel deutlich länger, bis sie sich um einen Euro bewegt, als eine Aktie mit einem Kurswert von 100€. Während also bei einer Aktie von 100€ eine Kästchengröße von einem Euro ein guter Wert ist, sollte bei einer Aktie von 10€ ein kleinerer Wert gewählt werden.
Ebenso sollte die Einheit an den Betrachtungszeitraum angepasst werden. Wird ein Intraday Chart betrachtet, so wird in der Regel eine kleinere Kästchengröße gewählt als bei einem Tages- oder Wochenchart.
Daneben kann der Trader über die Wahl der Größe der Einheiten auch kontrollieren, wie sensitiv der Point und Figure Chart auf Kuränderungen reagiert. Möchte der Trader, dass nur größere Trendänderungen abgebildet werden, wählt er eine möglichst große Einheit. Möchte er, dass auch kleiner Kursschwankungen im Chart abgebildet werden, wählt er eine kleinere Einheit.
Weitere Markierungen im Chart
Neben Kreuzen und Kreisen finden sich in einigen Fällen auch Zahlen, Buchstaben oder geschwärzte Kästchen im Point und Figure Chart.
Da der Point und Figure Chart keine Zeitachse hat, werden im Chart Markierungen eingezeichnet, die dem Betrachter mitteilen sollen, in welchem Monat sich eine bestimmte Formation befindet. Die einzelnen Monate werden dabei durch Zahlen und Buchstaben markiert. Die ersten neun Monate werden durch die Zahlen von 1 bis 9 angezeigt. Der Januar hat dabei die Zahl 1, der Februar der Zahl 2 usw. Die letzten drei Monate erhalten Buchstaben. Der Oktober wird mit einem A markiert, der November erhält den Buchstaben B und der Dezember den Buchstaben C. Die Buchstaben und Zahlen markieren dabei immer den Anfang des Monats.
Im Intraday Chart wird oft der letzte Kasten des Tages eingeschwärzt. Dadurch ist es möglich die Handelsaktivitäten bestimmten Tagen zuzuordnen.
Weitere Charttypen
Charakteristisch für den Renko Chart sind die gleichförmigen Balken oder Ziegel (japanisch Renko). Jeder dieser Ziegel repräsentiert den Anstieg oder Fall des Kurses um eine bestimmte Einheit.
Eine weiße Line bedeutet beim Three Line Break Chart, dass sich der Kurs in einer Aufwärtsbewegung befindet, eine schwarze Linie zeigt einen Abwärtsbewegung an.
Einen Überblick über die verschiedenen Charttypen, die im Trading eingesetzt werden, finden Sie im Artikel Charttypen.